#307 Ralph Milewski und Christian Stops: Fotografie mit Handicap … Inklusion ist ein Unwort

Wie werde ich wahrgenommen, als behinderter Künstler oder als ein Behinderter, der Kunst macht?

Ralph Milewski und Christian Stops sitzen beide im Rollstuhl und widmen sich gern der Streetfotografie. Ralph hat mir folgendes geschrieben und zusammen mit Ralf “Ralle” Scherer haben wir diesen Themenvorschlag gern aufgenommen. Hier ist seine Mail an mich:

“Es ist eigentlich eine grundlegende Frage, die auch weitere Lebensbereiche betrifft. Bleibt die Information über meine Behinderung nur eine Hintergrundinformation oder überdeckt die Geschichte meiner Behinderung mich als ganze Person, meine Kunst, meine Leistung? Steht dann immer nur meine Behinderung im Vordergrund? Alles andere ist zweitrangig?

Darf ich über meine Behinderung / Krankheit sprechen, weil sie zu mir gehört und mich dazu zwingt, so zu leben, wie ich es tue? Was ist der richtige Weg? Wie soll ich damit umgehen? Ich kann mich und meine Krankheit / Behinderung gut akzeptieren. Sie bestimmt zwar die Limits, aber nicht, was ich innerhalb dieser Limits tue und lasse. Innerhalb dieser Limits bestimme ich und nicht meine Behinderung.

Ein Beispiel: In der analogen Fotografie werden ganz selbstverständlich die damit einhergehenden Herausforderungen (oder Limitierungen) des Fotografierens hervorgehoben. Ob das Bild dadurch besser wird? Es erklärt eher, warum es evtl. schlecht geworden ist. Nun, sollte ich nicht auch betonen oder zumindest informieren, unter welchen Bedingungen ich meine Leistung erbringe?

Wie werde ich wahrgenommen? Als Künstler (oder was auch immer) mit einer Behinderung oder als behinderter Mensch, der Kunst macht? Wie sehen mich die Leute?”

Hier die Kapitel und die Links aus dem Podcast

  • (00:00) Hallo Christian Stops und Ralph Milewski

  • (03:00) Wie werde ich wahrgenommen, als behinderter Künstler oder als ein Behinderter, der Kunst macht?

  • (10:00) Vor- und Nachteile der Behinderung - Kinder glotzen immer

  • (18:00) Das sind echte Behinderungen

  • (27:00) Barrierefrei? Behinderte sind ausgeschlossen

  • (32:00) Umgang mit Behinderten

  • (39:00) Fehlende Vernetzung und keine Community

  • (41:00) Inklusion ist ein Unwort

  • (46:00) Perspektivenwechsel und Vorschläge

  • (52:00) Aktuelle Projekte




Bitte unterstützt die Kampagne InforMe! von Ralph Milewski

Nach Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes darf Niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. In der UN-Behindertenrechtskonvention heißt es unter Artikel 30 - Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport

Liebe Künstler und Kulturschaffende, die Kunstfreiheit ist ein Grundrecht nach Grundgesetz Artikel 5 Absatz 3.

(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen...

c) Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen … , wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und Tourismusdiensten, sowie, so weit wie möglich, zu Denkmälern und Stätten von nationaler kultureller Bedeutung ... haben.

Weiter wird in der UN-Behindertenrechtskonvention unter dem Punkt Meinungsfreiheit und Informationszugang ausgeführt, dass die Grundlage für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen eine möglichst umfassend barrierefrei gestaltete Umwelt ist. Die Forderung nach Barrierefreiheit ist damit eine Grundvoraussetzung für den Informationszugang.

Im Umkehrschluss bedeutet für mich die Vorenthaltung von leicht zur Verfügung zu stellenden relevanten Informationen gleichfalls eine unnötige Barriere und somit eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderung – sie ist kurz gefasst – diskriminierend.

Oft werden Informationen, ob eine Örtlichkeit zugänglich ist oder eben nicht, erst gar nicht kommuniziert. Das bedeutet für mich und Millionen anderer Menschen mit mobilen Einschränkungen, mühsam immer wieder bei den betreffenden Örtlichkeitsbetreibern per Email oder telefonisch anzufragen, ob man mit einem Rollstuhl die Örtlichkeit besuchen kann. Ja, tatsächlich sind in Deutschland offiziell ca. 1,5 Millionen Menschen auf einen Rollstuhl angewiesen.

Im Gegenzug werden auf jeder Website für jeden potenziellen Besucher ganz selbstverständlich die Adresse und die Öffnungszeiten der Örtlichkeit angegeben. Mehr braucht der normalmobile Mensch eben nicht. Nachdem sich mein Interesse an Kunst und Kultur in den letzten Jahren mehr und mehr entfaltete, mehrten sich im gleichen Maße die diskriminierenden und frustrierenden Erfahrungen bezüglich fehlender Barrierefreiheit bei Angeboten und Veranstaltungen von Kunst, Kultur und Bildung. Und wie ich bereits ausführte, Barrierefreiheit fängt mit der Bereitstellung von Informationen zur selbigen an.

Eingangs zitierte ich aus dem Grundgesetz und der UN-Behindertenrechtskonvention große Worte. Um diesen Worten Taten folgen zu lassen, muss man sich, wie so oft, selbst bewegen. Deshalb bitte ich euch um Unterstützung. Ihr als bekannte Künstler, lokal und weit darüber hinaus, habt bestimmt reichlich Kontakte in der Kunst- und Kulturszene und somit einen erheblichen Einfluss auf dessen Verantwortliche, Veranstalter, Ortsbetreiber etc.. Deshalb bin ich mir sicher, dass ihr ein großes Potenzial habt dabei zu helfen die Zurverfügungstellung von Information zur Barrierefreiheit als Standard, insbesondere in Kunst und Kultur, langfristig zu etablieren.

Wie und wo anfangen?

Jeder Künstler und Kulturschaffende könnte und sollte bei sich selbst anfangen. Wer von uns hat auf seiner Website, auf seinen Plakaten, in den Pressemitteilungen einen Hinweis zur Barrierefreiheit seiner aktuellen Ausstellung oder Veranstaltung? Wahrscheinlich die wenigsten. Auch könnten wir die eigenen verfügbaren Informationen zu unseren öffentlich zugänglichen Örtlichkeiten, wie zum Beispiel Ateliers, Werkstätten, Läden, oder Galerien etc. überprüfen.

Weiter könnte man Verantwortliche in Kunst und Kultur, Veranstalter, Ortsbetreiber etc. immer wieder auf fehlende Informationen zur Barrierefreiheit zu den jeweiligen Örtlichkeiten hinweisen. Insbesondere Informationen die online zur Verfügung gestellt werden, kann man ohne großen Aufwand kurzfristig ergänzen.

Danke an alle, die helfen diese Barrieren abzubauen!

Herzliche Grüße - Ralph Milewski


—> Mein Musterbrief

Hallo und guten Tag. Ich habe eine Bitte. 

Ich habe kürzlich Ihre (XXX) besucht, dabei ist mir aufgefallen, dass sie erfreulicherweise für Rollstuhlfahrer zugänglich ist, aber leider ist diese Information nicht auf Ihrer Website erwähnt. Können Sie dort unter dem Punkt "Kontakt" mit den Öffnungszeiten und der Telefonnummer zusätzlich Informationen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität aufführen, wie z.B. barrierefreie Zugangsmöglichkeiten, Lift oder Behinderten-Toiletten?

Falls Ihre Einrichtung diese barrierefreien Zugangsmöglichkeiten nicht anbietet (egal aus welchem Grund), dann sollten Sie dies auch erwähnen, weil man sich so ohne großen Aufwand ein Bild verschaffen kann. 

Ich freue mich, wenn Sie dies bitte kurzfristig umsetzen können.

Liebe Grüße

Thomas Füngerlings



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