ⓦ 84 Sempre Roma mit Pizza, Pasta, Papst
Ihr kennt meine Challenge, dass ich alle Hauptstädte Europas besuchen und ganz nebenbei ich dort mindestens einen Geochache finden möchte. In diesem Herbst habe ich mir Rom ausgesucht, wo ich sogar zwei Hauptstadt-Haken realisieren könnte, einen für Rom und einen im Vatikanstaat.
Viele Wege führen sprichwörtlich nach Rom. Meiner ging in ca. zwei Stunden mit Eurowings (sogar pünktlich) von Düsseldorf nach Fiumicino und weiter mit dem bequemen Leonardo Express Zug ohne Unterbrechung nach Rom Termini. Die Wettervorhersage versprach bestes Wetter, 20 Grad am Tage und neun am Abend.
Also rein in die quirlig lebendige Stadt. Die Attraktionen muss ich euch nicht aufzählen, ich habe sie ALLE gefeiert: Kolosseum, Titusbogen, Il Vittoriano (vulgo Hochzeitstorte oder Schreibmaschine), Spanische Treppe, Trevibrunnen und unzählige Plätze. In der Karte können sich die Kenner alle besuchten Orte rauspicken.
Ich habe mich gefreut und gewundert, denn es war recht warm, aber die Einwohner laufen in dicken Jacken durch die Stadt. Die Gelassenheit und das gemächliche Tempo fällt auch auf. Und der Verkehr ist unglaublich. Es ist laut, dreckig und ein Gehupe, als gäbe es kein Morgen. Die Ampeln haben nur eine scheinbare Verbindlichkeit. Eigentlich kann man (gewissen Mut vorausgesetzt) die Straße einfach so überqueren, nur stehenbleiben wäre tödlich, denn das kalkulieren die Raser nicht ein. Jetzt weiss ich, wo die ganze weltweite Selfiestick- und Powerbank-Produktion landet. Tausende fliegender, meist schwarzer Brüder (Do you love Africa, brother?) bieten sie dir alle 100 Meter immer wieder mehr oder weniger aufdringlich an.
65 Kilometer kreuz und quer gelatscht
Die Wege sind weit und es geht auf und ab oder wie war das mit den sieben Hügeln? Die Strecken sind immer weiter als gedacht. Ich habe in den vier Tagen zwischen 12 oder 16 Kilometer zu Fuß absolviert und meine Beine und der Rücken haben mir am Abend signalisiert, dass ich keine 20 mehr bin ;-). Und mir ist aufgefallen, dass es kaum Sitzgelegenheiten gibt und wenn, dann sind es arschkalte Steinbänke. Allen Fußkranken empfehle ich die Metro oder den Bus. Zur Rushhour musst du tapfer sein, dann wird es voll und voller. Ich habe sogar erlebt, dass der Zug einfach Haltestellen ausgelassen hat, weil niemand mehr rein passte. Die Orientierung ist einfach, denn es gibt nur zwei Linien (A und B), die Dritte ist im Bau. Die Zug/ Bus-Frequenz ist hoch, pünktlich und es herrscht Sonnenbrillenpflicht. Für 1,50 Euro kannst du bis zu 100 Minuten durch die Gegend fahren. Im Zweifel sogar bis Lido di Ostea ans Meer, was ich auch gemacht habe. Aber ich war echt enttäuscht, denn es ist unglaublich dreckig dort und der Zugang ist nur an wenigen Stellen möglich. Alles dazwischen ist mit unglaublich hässlichen Strandhütten verbaut, die jeden Blick zum Meer versauen. Aber das Treiben am dortigen Markttag hat es wieder wettgemacht.
Kein Klischee: Mamma Mirácoli lebt
Wie stellt man sich die typische Familie in Italien vor? Es ist Mamma Mirácoli mit der mindestens 6-köpfigen Brut nebst der faulen männlichen Schar drumherum. Wenn die Horde auf deiner Hoteletage beherbergt ist, dann hast du Spaß. Bei mir waren sie auf drei, vier Zimmer verteilt und es gab nur eine Zimmerkarte. Also "KlopfKlopfKlopf", dann "StampfStampfStampf" und sofort ging das Palaver los. Da die Hühnerzucht in der Stadt unüblich geworden ist, hat das zentrale Wecken pünktlich um 6 Uhr Papa Mirácoli mit seinem unerschrockenen und nicht enden wollenden Raucherhusten übernommen. Mamma Mirácoli hat ihre Brut immer wieder erfolglos mit einem "schschscht" ermahnt, leise zu sein. Aber es half nichts, die lautstarke Konversation durfte für alle Gäste nicht unterbrochen werden. Der Clou war beim Frühstück, als die Dralleprallewonne-Tochter mit Handy und Handtasche nicht in der Lage war, ihr Glas aus der verschlossenen Wasserflasche zu füllen. Sie wollte, dass ich ihr Glas füllte, weil Handy und Handtasche nicht den Arm und die Hand verlassen konnten.
Es gibt nur Pizza, Pasta und Espresso
Hungerleiden muss man hier nicht, aber trotzdem herrscht Monokultur. Es gibt nur Pasta und Pizza sowie Pizza und Pasta. Die üblichen Koberer vor den Restaurants versprechen jeweils das beste Essen und die kühlsten Getränke, immer zielsicher in der richtigen Sprache der passierenden Touristen. Mit Glück habe ich einen Inder, ein 100 Montaditos und einen Irish-Pub ausfindig gemacht. Das schmackhafte Brot wurde leider nicht hier erfunden. Essen und Getränke sind nicht zu teuer, nur beim Gelato war ich geschockt, 2,50 für eine (allerdings) schmackhafte Kugel.
Vogelschiss am Abend
Bei Sonnenuntergang spielt sich rund um die hochragenden Pinienbäume ein spektakuläres Schauspiel der Stare ab. Die Schwärme bilden wunderschöne Formationen, wechseln blitzschnell die Richtungen, um sich dann in einer Baumkrone für die Nacht niederlassen. Wenn zigtausende Vögel über dir schwirren, dann fällt auch mal etwas zu Boden oder trifft dich unvermutet auf dem Kopf oder Kleidung.
Schleichweg in den Vatikan
Geocaching zeigt dir immer wieder extreme Überraschungen. So auch diesmal in Rom und speziell in der Vatikanstadt. Ich war echt überrascht, dass es dort eigentlich keine Verstecke gibt. Nur ein paar virtuelle oder Event-Caches sind in der Karte vermerkt. Mein persönliches Highlight der Reise war der kleine Friedhof "Campo Santo dei Teutonici e dei Fiamminghi" (Friedhof der Deutschen und der Flamen) im Vatikan. Es gibt nämlich eine kleine Hintertür in das Reich von Franziskus. Wenn du die Schweizergardisten an der Wache Largo Paolo VI. auf Deutsch ansprichst und vorgibst, zum Campo Santo Teutonico zu wollen, dann winkt die Wache dich vormittags (von 8 bis 12 Uhr) durch. Dieser hoch ummauerte kleine Friedhof liegt etwa 70 Meter innerhalb der vatikanischen Mauern und genießt exterritorialen Status. Deutsche und Österreicher müssen diese Oase der Stille ungehindert erreichen dürfen. Davon profitieren auch jene, die dafür gehalten werden, denn den Pass zum Nachweis verlangt selten einer der Wachhabenden. Einmal durch die Sicherheitsschleuse und du darfst rein. Am Ende habe ich auch meinen ersten Cache im Vatikanstaat loggen können. Für Insider: GC7B833 bei den Koordinaten N 41° 54.086 E 012° 27.272.
Bici Baci Vespa Museum
Wenn man schon beim Kolosseum ist, dann ist das Museum quasi "um die Ecke". Es ist zwar nicht groß, aber mit viel Liebe ausgestattet. Etliche Vespas im Original und aus dem Fernseher plärren die alten Schnulzen aus den 50er/60er Jahren und Audrey Hepburn und Gregory Peck winken um die Wette.
Eine Ausstellung habe ich im Complesso del Vittoriano besucht: Pollock and the New York School. Die anti-konformen Vertreter des Action Painting der New York School Jackson Pollock, Mark Rothko, Willem Kooning, Franz Kline und weitere Vertreter der New York School werden bis Ende des Jahres gezeigt. Darunter die berühmte Nummer 27, Pollocks große Leinwand von über 3 Metern Länge - ikonisch gemacht durch das "meisterhafte Gleichgewicht zwischen den Pinselstrichen von Schwarz und der Verschmelzung der klarsten Farben - lebendige Farben, Harmonie von Formen, Motiven und abstrakten Darstellungen Beobachter in einem großartigen künstlerischen Kontext: abstrakter Expressionismus."
Fazit: Ich kann allen Reisenden den Besuch im November nahelegen, weil alles relativ entspannt und überall wenig Andrang war. Nur am Petersdom (habe ich ausgelassen) ist mir eine lange Besucherschlange aufgefallen. Mir hätten auch nur drei statt vier Tage gereicht. Das Pantheon und der kleine Friedhof im Vatikan haben mir am besten gefallen.