ⓦ 252 Zu Gast Sean Tucker: The Meaning in the Making … Fünf Fragen und seine Antworten
Prolog
Dieser Blog/Podcast ist das Aufwändigste, was ich mir bisher vorgenommen habe. Seit drei Wochen lese ich in dem über 300 Seiten Buch, mache Notizen, fasse Seans Gedanken zusammen und überlege mir das Konzept für diese Episode.
Ich bewundere Sean vor allem für seine sehr persönlichen Videos. Er interessiere sich mehr für das WARUM in der Fotografie (und im Leben) und nicht für das WIE.
Bei ihm gibt es keinen TechTalk, Top10 Listen oder Kaufempfehlungen. Er sagt, dass ein Fotograf, mit einer billigen Kamera, aber einem guten Auge, die besseren Fotos macht, als ein Fotograf mit der besten Ausrüstung. Auf seinem YouTube Kanal mit 500.000 Abonnenten erscheint nur dann ein Video, wenn er etwas zu sagen hat. Aber dann mit wirklich gutem Content.
Er schaut auf seine Vorbilder und möchte von ihnen lernen. Seine Gedanken kreisen um die Philosophie hinter der Kunst. Er wird oft sehr persönlich und hält seine Gefühle und Gedanken nicht hinter dem Berg. Ich mag auch seine ruhige Art, wie er in den Videos auf dem Sofa sitzt und direkt in die Kamera spricht.
Was treibt uns Menschen an, kreativ zu sein?
Wenn wir einen Pinsel in die Hand nehmen, Elemente durch den Sucher unserer Kamera komponieren oder die Finger in nassen Ton drücken, um einem unförmigen Klumpen eine Form abzuringen, dann biegen wir die Dinge zurück zur Ordnung und entreißen sie dem Chaos.
Mein Fazit zu seinem Buch
Ich schätze seine Art und sein Denken. Und der Titel des Buches "The Meaning in the Making", also die Suche nach dem Sinn in der Kreativität, hat mich direkt in seine Welt gezogen. Das Werk ist beileibe nicht nur für Fotografen, vielmehr für Künstler, die sich mit der Bedeutung des eigenen Schaffens beschäftigen.
Es macht Mut, wenn du dich fragst, bin ich auf dem richtigen Weg oder gibt es noch andere Möglichkeiten? Er schreibt sehr flüssig über das, was ihm echte Freude bereitet, was ihn inspiriert, wer seine Vorbilder sind und wie er mit Kritik umgeht. Dieses Buch ist keine Anleitung und enthält auch keine Bilder. Am Ende einiger Kapitel gibt es QR Codes. Diese Links führen dich u.a. zu Videos und im Kapitel genannte Fotografen und deren Werke.
Resümee: Insgesamt ein wunderbares, so vollkommen anderes Buch, welches mir immer wieder Denkanstöße gibt.
Kapitelmarken
(00:00) Intro Alex Hesse
(01:30) Vorstellung Sean Tucker
(02:40) Buch: The Meaning in the Making
(04:50) Statement Sean Tucker: Zugang zur Street-Fotografie
(06:50) Wie er seine "Stimme" / seinen Stil gefunden hat
(10:45) Seine Vorbilder in der Street-Fotografie
(12:30) Statement Sean Tucker: Überforderung und Ängste
(14:40) Raus aus dem Trott und Neues probieren
(16:00) Embracing the "suck"
(20:00) Statement Sean Tucker: Aufmerksamkeit, Ruhm und Anerkennung
(22:45) Künstler vermissen Anerkennung
(23:30) Das Fotoalbum seines Großvaters
(26:00) Die längerfristige Perspektive
(28:30) Statement Sean Tucker: Das Gefühl kommt beim Tun
(31:00) Mit dem "Machen" beginnen
(37:15) Statement Sean Tucker: Everything feels like it’s clicking
(40:15) Magische Momente im Flow Modus
(42:00) Sein telepathisches Ding
(45:00) Was kann Fotografie auslösen kann
Fünf Fragen an Sean Tucker
Dann kam mir die Idee, dass seine Stimme im Podcast noch mehr Authentizität bringt. Dazu habe ich Sean vorab angeschrieben und um eine Sprachnachricht gebeten. Ich habe ihm fünf Fragen gesendet, die er mir auch sehr schnell beantwortet hat.
Frage: Viel unserer Zuhörer mögen die Street-Fotografie. Du erzählst im Buch, dass die Street-Fotografie einen bestimmten Persönlichkeitstypen voraussetzt. Wie war dein Zugang zur Street-Fotografie und wie und durch wen hast du deine eigene kreative Stimme entdeckt?
Er sagt, dass viele Street-Fotografen extrovertiertere Menschen sind. Es macht ihnen nichts aus, einfach so auf der Straße in die Gesichter der Leute zu fotografieren. Als introvertierter Mensch kann er das nicht. Er hat Hemmungen einfach so die Leute zu fotografieren, selbst wenn sie es gar nicht merken. Weil er so ist, hat er einen anderen Weg gefunden, den viele Puristen nicht mal Street-Fotografie nennen würden.
Ihn interessiert das Spiel von Licht und Schatten im urbanen Raum. Insbesondere, wenn eine Person oder die Silhouette durch seinen "Rahmen" schreitet. Er beobachte im Hintergrund, sucht und findet eine Komposition, wo die "unsichtbar" hinzukommende Person, oder der Schatten davon, das Bild zu einem guten Bild macht. Dieses stillere Vorgehen, das Beobachten liegt ihm eher.
In dieser Situation passiert es oft, dass sich die Leute entschuldigen, dass sie in sein Bild gelaufen sind. Sie dachten er knipse die Architektur oder die Gegend. Dabei hat er nur auf sie gewartet. Fotografen wie Fan Ho und Ray Metzker und Trent Parke sind seine Vorbilder.
„Je mehr ich fotografierte und auf meine Intuition hörte, desto mehr kristallisierte sich ein lockerer Stil heraus. Ich spielte mit hohen Kontrasten, belichtete auf die Lichter und ließ die Schatten in meinen Bildern ins Schwarze fallen. Ich spielte mit den Formen, die durch das Zusammentreffen von Sonnenlicht und Architektur entstehen, und ich positionierte die Menschen in meinen Aufnahmen oft so, dass ihre Gesichter im Schatten lagen. Meine visuelle Stimme gewann mit jedem Klick des Auslösers an Gestalt. Das hier war keine traditionelle Streetfotografie.“
Frage: Du beschreibst deine Ängste die Kontrolle abzugeben. Erzähl uns bitte die Story, wie du über den Versuch etwas Neues kreatives zu versuchen, wie die Landschaftsfotografie, vollkommen überfordert warst. Und was deine persönlichen, ehrlichen und selbstkritischen Worte über diesen Versuch im YouTube Video ausgelöst haben.
Er spricht offen darüber, dass er in seinem Job kurz vor dem Burn-out stand und dass ihn bei einer Auszeit in den Bergen die Landschaftsfotografie überfordert hatte. Und diese Verletzlichkeit zusammen mit dem ehrlichen Versuch, etwas Neues zu machen, um sich aus dem Trott zu befreien, ergaben zusammen eine gute Idee. Daraus ist das Videotagebuch entstanden, wo er seine Erfahrungen und sein Scheitern in der Landschaftsfotografie analysiert und offen beschreibt.
Und negatives Feedback nimmt er nicht als Zeichen dafür, dass er ein talentloser Versager ist. In allem Neuen braucht es Zeit und es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Frage: Viele Künstler sind frustriert darüber, dass ihre Arbeit nicht genügend Anerkennung findet. Und im Kapitel ZEIT stellst du dir die Frage, was dir wirklich wichtig ist. Ein berühmter Fotograf werden? Du sagst, Ruhm ist dir egal und du gibst den Rat die Dinge unter einer längerfristigen Perspektive zu betrachten. Erzähl bitte die Story vom Fotoalbum deines Großvaters.
“Im Kapitel ZEIT wage ich die Annahme, dass viele von uns - insbesondere Fotografen im Social-Media-Zeitalter - denken, dass Erfolg in der Fotografie entweder bedeutet, viel Geld zu verdienen oder sehr berühmt zu sein. Ich denke, wenn Sie jemanden fragen, der diese Dinge erreicht hat, ob es seine Arbeit sinnvoller gemacht hat, wird er Ihnen „Nein“ antworten und sagen dass es viel mehr als das braucht.”
„Wenn Sie kreativ und frustriert sind, dass Ihre Arbeit nicht so gewürdigt wird, wie Sie es sich heute wünschen, dann heben Sie Ihren Blick. Betrachten Sie die Dinge unter einer längerfristigen Perspektive. Man kann nicht vorhersagen, was die Dinge, die man erschafft, später einmal für jemanden bedeuten werden.
“Aber ich wage die Vermutung, dass, wenn man sich treu bleibt und seine kreative Stimme entdeckt, diese Dinge eines Tages für jemanden unglaublich wertvoll sein werden – genau wie die Fotoalben meines Großvaters für mich.“
Frage: Im Kapitel "GEFÜHL" schreibst du davon, dass unser Verstand hilft unsere langfristige Richtung zu bestimmen. Wie wichtig ist es für dich weit im Voraus Pläne für deine Entwicklung zu schmieden?
„Inspiration stellt sich nicht ein, wenn man auf der Couch auf sie wartet. Inspiration kommt meist dann, wenn man bereits aufgestanden ist und mit dem “Machen” begonnen hat. An den schwierigsten Tagen muss das “Machen” mit einer rationalen Entscheidung beginnen. Ich habe eine rationale Entscheidung getroffen. Meine Wahl ist also immer, rauszugehen und zu fotografieren, auch wenn es mir nicht gefällt, weil ich weiß, dass ich ein besserer Fotograf wäre, wenn ich fotografiere, ich bekomme qualitativ bessere Bilder in dem Fotobuch, welches ich jedes Jahr verkaufe.”
Frage: Du erzählst von den mystischen Momenten im Zusammenspiel mit deiner Band in der sich eine Art telepathische Verständigung entwickelt. Das hört sich für mich nach einem FLOW-Moment an - wie Musiker ihn auch bei der Improvisation erleben können. Hast Du diese Momente auch, wenn du allein unterwegs fotografierst, dass du alles um dich herum vergisst und in deinem Tun komplett aufgehst?
“Ja, es gab dieses telepathische Ding. Als Band wissen wir genau, was wir kommunizieren wollen. Aber ich habe erkannt, dass es so etwas auch bei anderen Tätigkeiten gibt. Zum Beispiel, wenn ich rausgehe und fotografiere. Manchmal fühle ich mich nicht danach, raus zu gehen. Aber dann tricks ich mich selber aus und sage mir, ich mache einfach einen Spaziergang. Ich muss nicht unbedingt fotografieren.
Es dauert 10-15 Minuten, dann sehe ich etwas, dass ich fotografieren möchte. Ich will meine Kamera instinktiv in die Hand nehmen. Nicht direkt, um zu fotografieren. Und dann fühlt es sich gut an. Ich probiere verschiedene Blickwinkel und das fühlt sich dann noch besser an. Dann geh ich weiter und manchmal an diesem magischen Tagen erkenne ich, dass ich eine halbe Stunde unterwegs bin. Und ich habe 20-30 Fotos gemacht. So motiviere ich mich weiter und komme in diesen Flow Modus.“
BOOK: COLLECTION V
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Der Virtuelle Bilderabend gibt Fotografen:innen die Möglichkeit, ihre Fotos in kleinen Vorträgen der Öffentlichkeit zu präsentieren.